Sonntag, 30. März 2014

Gabriel en noir


Das Event liegt schon einen Monat zurück. Ich habe aber jetzt erst alle Fotos beisammen um davon kurz berichten zu können. Unter den vielen Kleiderspenden, die jedes Jahr zusammen kommen, gibt es auch viele ausgefallene und thematische Kleidungsstücke. Jedes Jahr werden Kleidungsstücke zurück gelegt um daraus Kostüme für eine Modenschau zumachen. Jede Modenschau hat eine Thema und wird wie ein Musical mit einer kleinen Handlung und Musik ausgeschmückt, dieses Jahr mit der Geschichte vom Jazz. Ich wollte bei diesem Tralala eigentlich garnicht mitmachen, aber da die Kleiderkammer dies von mir sehr stark zu erwarten schien, habe ich dann doch noch eine Nummer gefunden, bei der ich mitmachen konnte. Während alle stummen Nummern von einem begabten Pianisten begleitet wurden, sind alle Gesangsstücke vom Band abgespielt worden, bis auf der Sklavenchor, der "Joshua fit the battle of Jericho" zum besten gab. Dort habe ich also meinen Senf dazu gegeben und ein Solo gesungen. Ich fand es eigentlich furchtbar. Niemand konnte im Takt klatschen und ein freier Gospel wurde auch nicht verkörpert. Ich habe mich aber natürlich voll ins Zeug gelegt und wie man mir nachher sagte, die Nummer deutlich aufgewertet. Später habe ich noch einen Barkeeper gespielt, daher die Weste.

Vor einer Woche sind 2 Freundinnen aus Deutschland gekommen, mit denen ich eine gute Zeit hatte, besonders sei hier der Ausflug ins Disneyland zu erwähnen!


Die Woche war auch bei mir sehr voll. Am heutigen Sonntag hat mein Chor gestartet, ich habe einen Gottesdienst am Klavier begleitet und auch später den Abendgottesdienst mit der Band unterstützt. Leider waren in beiden Gruppen nicht viele Leute anwesend, aber das will ich mal auf die Uhrumstellung schieben. Deutlich zeigt sich aber, dass auch wenn ich für 4 verschiedene Branchen arbeite, mich doch zu dem Organ Kirche mit ihren Mitgliedern am meisten zugehörig fühle und mich dort am besten einbringen kann.
Schöne Wöche euch!





Donnerstag, 13. März 2014

Einen Apfelbaum pflanzen : check! und Lebensmittelschweinereien

Der Busfahrer hat nicht schlecht gegrinst, als ich mit einem Baum im Hackentretter vom LIDL zum Centre gefahren bin, doch kann ich nun stolz ein Lebensziel abhacken; ich habe ich einen Apfelbaum gepflanzt.
Auf den Tipp meiner Marmeladen-Vorgängerin hin, bin ich zum Supermarkt um die Ecke gegangen, um nach unverkaufbaren Früchten zufragen und habe tatsächlich 10 (!) Ananas kostenlos erhalten, die außen leicht schimmelten, innen aber noch süß und super gut waren.
Auf der einen Seite war ich zwar begeistert über diese Möglichkeit, kostenlos an meine Zutaten zukommen, auf der anderen Seite war ich aber enttäuscht, dass in einer Stadt wo Leute so stark an Hunger leiden, die Lebensmittel dennoch weggeschmissen werden. Bei Resto du Coeur [nationale Tafel] ist das leider nicht anders. Seitdem ein Hilfsbedürftiger die Hilfsorganisation verklagt hat, nachdem er aufgrund eines vergammelten Produktes krank geworden ist, muss Resto du Coeur alle ausgegebenen Produkte frisch kaufen, bzw. nur unverderbliches anbieten. Tatsächlich habe ich bei meiner Ausgabe auch sehr viel Dosen wie Ravioli und Erbsen ausgegeben. Resto du Coeur kauft aber nicht alles ein, es gibt sog. Essensbänke. Der Kunde im Supermarkt macht seine Einkäufe und kann davon Produkte für Resto du Coeur abgegen, die dort gelagert und dann von Resto du Coeur abgeholt werden. Ich finde dass eine Frechheit. Zwar Dank an all die Kunden die gerne geben, aber die Supermärkte machen damit noch ein größeres Geschäft und werben sogar mit ihrer tollen Beteiligung gegen den Hunger, anstatt deren Lebensmittelüberfluss sinnvoll zu verwerten. Aber natürlich können auch die Supermärkte nichts dafür. Sogar wirklich nicht. Tatsächlich sind es die Konzerne, die auf das tagesgleich produzierte Fleisch für Frankreich ein dreiwochen kürzeres Mindesthaltbarkeitsdatum setzen als für die afrikanischen Länder. Die ehrbare Regierung gebietet dem Supermarkt, nichts ausgeben zu dürfen was das Mindesthaltbarkeitsdatum bereits überschritten hat und so landet dann doch viel zuviel in der Tonne. Lediglich bei den Bäckern kann ich für unseren Empfang in der Gemeinde, als auch Resto du Coeur für die Abendspeisung, älteres Brot ergatten.

Zurück zur Konfitüre. Der Supermarkt wird mir jetzt immer Früchte zur Seite legen und so bekam ich gestern 3 Säcke mit Äpfeln.
Sonntag war neben einem erfolgreichen Tag mit den Pfadfindern (ich habe einer Gruppe den türkischen Bund und das Basteln einer Kazou beigebracht) der erste Abendgottesdienst unserer Gemeinde und der erste Auftritt meiner Band! Ich hatte 3 super Musikerinnen an meiner Seite, die sich wirklich gut vorbereitet hatten. Das war also gar kein Problem!

Abschließend zum Baum. Schon zu Beginn meines Jahres in Frankreich hatte ich mir vorgenommen, den Garten in dem ich das Unkraut jäte, mit etwas zu bepflanzen, was man auch in der Erde lassen kann. Als nun der März gekommen war (eigentlich war es schon zu spät weil der Frühling direkt mitgekommen ist), habe ich gefragt ob wir Blumenerde o.ä. haben. Nichts war vorhanden und so hat man mir ein Budget gegeben, von dem ich mir kaufen konnte, was ich wollte um den Garten zu verschönen. So bin ich einmal mit ein paar Rotfruchtsträuchern, Samen und Blümchen auf dem Gepäckträger und in zweites Mal mit Hackentretter und Bus zum Jugendhaus der Gemeinde gefahren und habe gleich alles eingepflanzt. Ich bin sehr gespannt, ob sich in 1-2 Monaten dort etwas zeigt! In jedem Fall ist der zunächst hoffnungslos-verloren gewesene Garten jetzt Mein Garten und ein Ort wo ich noch viel Arbeit rein stecken werde.

Anbei noch das Album einer Fahrradtour von Colombes nach Conflons-Sainte-Honorine, einer kleinen Hafenstadt, die mich ein wenig das wahre Bild von Frankreich erahnen lässt.
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Montag, 3. März 2014

Der Chorbesuch und andere Zeichen von Gemeinschaft 2. Rundbrief

Für Franzosen bedeutet Demokratie, dass jeder tun kann was er will“, sagte mir neulich eine Kollegin über ihr Volk. Ich musste lachen. Wie wahr. Zugegebenermaßen ist es aber genau jenes Missverständnis von Freiheit, welches ich als liebenswürdigen Mode de vie der Franzosen aufgefasst und nicht selten nachgeahmt habe. Im Prinzip ist es ja auch garnicht so verkehrt, die Dinge etwas weniger ernst zu nehmen. Ich bin aber auch nicht der, dem ein Fahrradfahrer in der Einbahnstraße entgegenkommt, der anhalten muss um die Fußgänger über rot laufen zu lassen, der auf seine Verabredung warten oder den falsch getrennten Müll der anderen sortieren muss. Mich stört das nicht. Ich bin aber auch der andere. Ich kann an dieser unseriösen Lebensart also nur Gefallen finden.
In der Tat bin ich schon zweimal als Geisterfahrer in der Einbahnstraße einem Polizeiauto entgegen gefahren ohne angehalten zu werden, auch beim Über-rot-laufen muss man sich nicht vorher der reinen Luft vergewissern. Schwarzfahrer gibt es hier en masse und für den Fall des Falles sogar eine Versicherung. Parken muss auch nicht geübt sein, solange die geknautschten Autos Franzosen gehören, die nicht nur Stoßstangen als Gebrauchsgegenstand verstehen.

Das Leben als Franzose ist für mich normal geworden wie der Käse zum Wein. Ich liebe meine Vorstadt. Hier genießt man noch Gemeinschaftsgefühl und Höflichkeit. Oft begegne ich Bekannten aus der Gemeinde, dem Chor oder der Pfadfinderei, aber selbst viele Obdachlose erkennen mich durch die Arbeit im Centre oder von Resto du Coeur. Manche kenne ich schon mit Namen und führe Small Talk. Darunter auch Monsieur Martin, der übrigens seine Gitarre wieder hat. Die Arbeit bei Resto du Coeur, die ich im letzten Rundbrief angekündigt habe, ist immer noch sehr wichtig für mich. Zwar habe ich die morgendliche Lebensmittelausgabe aufgegeben weil sie gut und alt besetzt ist, widme mich aber stattdessen der Speisung am Abend bis in die Nacht (18 30 – 22). Auch hier erlebe ich oft sehr solidarische und gemeinschaftliche Klienten.


Desweiteren habe ich auch mein Wirken im Centre 72 ausbauen können.
Letztes Jahr habe ich in der Pfadfinderei eher eine Mithelfer Funktion ausgeübt und konnte die Auffassung meiner Kollegen nicht teilen, ein Lehrer für die Jugendlichen zu sein. Nach Diskussionen und vielen Vorschlägen, habe ich mich aber durchsetzen können, aktiver Gestalter des Nachmittagprogrammes zu sein, was den Jugendlichen viel Spaß bereitet. Wir handeln nun als Verantwortliche einen guten Kompromiss zwischen Pädagogik und Spiel aus.
Nachdem eine Ehrenamtliche aus dem Centre das Kochen von über 200 Marmeladen für den jährlichen Weihnachtsmarkt aufgegeben hat, bin ich begeistert davon, diese Aufgabe übernehmen zu dürfen. Mir macht das unglaublich viel Spaß und es tut gut, neben so viel Beziehungsarbeit auch etwas materiell-produktives zu leisten.
Musikalisch sind auch neue Projekte am Start; Mit der Groupe Jeunes (den Jugendlichen zwischen 15-18 Jahren), gestalte ich einmal im Monat die Musik im neuen Abendgottesdienst unserer Gemeinde. Wir sind eine Band bestehend aus Klavier, Violine, Flöte und Gitarre mit einigen Sängern und singen jüngere Lieder des Liederbuches. Außerdem suche ich gerade einige SängerInnen für einen Projektchor zusammen, der am Ende des Schuljahres seinen Auftritt im Gottesdienst haben wird.

Das musikalisch und auch in anderen Bereichen größtes Ereignis war aber mit Abstand der Besuch meines Schulchors des ehemaligen Gymnasiums in Essen. Schon als ich letztes Jahr dem Chor angekündigt hatte, im folgenden Jahr aufgrund des Auslandsaufenthaltes nicht mehr im Chor mitsingen zu können, hatte meine Chorleiterin sofort die Idee ergriffen, mich mit dem Chor besuchen zu kommen und in der Gemeinde zu singen. Und so kam es, dass ich am letzten Februar Wochenende tatsächlich 12 (z. T. ehemalige) SchülerInnen, Eltern und unsere Leiterin in den Arm nehmen konnte. Immer als ganze Gruppe zusammen, haben wir 2 Tage lang in einer unglaublich freundschaftlichen und lustigen Atmosphäre die Stadt erkundigt und überall gesungen;


Mit der Gitarre sangen wir an der Haltestelle, in der Bahn, am Eiffelturm, am Weinberg vom Sacré Coeur und mit Klavier am Bahnhof. Das eigentliche Konzert fand aber in meiner Gemeinde während dem Gottesdienst statt. In dem normalen Gottesdienstablauf eingebettet, haben wir von Beatles bis Rutter einige wunderschöne Lieder dargeboten und viel Dank von den Besuchern geerntet. Selbst ein französisches Lied haben die Mädchen vorgetragen und wenn ich für mich sprechen kann, war es sehr berührend. 

Ein sehr besonderer Moment in dem Gottesdienst war aber das Abendmahl. Wie es immer üblich bei uns ist, machen wir als Gemeinde einen großen Kreis und brechen ein Baguettestück für den nächsten ab, sagen dabei bspw. „Jesus sei mit dir“ und trinken aus einem Weinkelch. An jenem Sonntag waren wir nun ein riesiger Kreis aus Deutschen und Franzosen, die in Namen Jesu versammelt waren und gemeinsam am Abendmahl teilnahmen. Das war für mich ein besonderes Zeichen deutsch-französischer Freundschaft und von Willkommensein in einer anderen Kultur.

Währenddessen hat Julius aus dem Chor einen wunderschönen Choral von Fauré auf dem Klavier gespielt und wir haben als Chor den Gottesdienst mit dem priesterlichen Segen in einer Komposition von John Rutter abgeschlossen. Für die Gemeinde als auch für mich hat dieser ereignisreiche Tag einen absoluten Höhepunkt in meinem Freiwilligendienst markiert.




Eine Empfindung toller Gemeinschaft hatte ich auch eine Woche zuvor während unseres Zwischenseminars in Tallinn erlebt. Bevor wir Freiwilligen aus Europa uns alle in Estland getroffen haben, war ich mit dem Zug nach England gefahren um den Mitfreiwilligen Daniel im Kloster auf dem Land zu besuchen. In einer rein natürlichen Umgebung haben wir zusammen an einem Zaun gearbeitet und ich habe in der sehr gastfreundlichen Brüderschaft zwei erholsame Tage genossen. Anschließend sind wir zu einem weiteren Freiwilligen nach London gefahren und zwei Tage später zusammen nach Tallinn geflogen. Neben dem gemeinsamen Austausch über unsere Projekte, unsere Ziele und Erlebnisse, haben wir natürlich viel gespielt, gelacht und gesungen. Die Zeit mit den anderen Freiwilligen war großartig und die Mittelalterstadt Tallinn ist ein spezieller Aufenthaltsort für uns gewesen.




Mit Christoph und Niklas durch die Stadt zu tingeln bleibt weiterhin ein großer Spaß und insbesondere für die letzte Hälfte habe ich mir vorgenommen, alles rauszuholen was ich aus der Freundschaft, der Stadt und dem Jahr profitieren kann. Es ist ein gutes Jahr und eine tolle Zeit.
Ich bedanke mich sehr dafür bei allen, die dies tragen und mich in dem Jahr begleiten!
Es tut mir Leid für die lange Pause, ich werde in Zukunft wieder mehr posten.

Tschüss,
Euer Gabriel